FLOATING IN STATE OF LIMINALITY I
Josefa Schundau, Floating in State of Liminality I, Installation im Aktsaal der Ausstellungshalle der AdbK Nürnberg ihm Rahmen der Diplomarbeit, Maße variabel, Sept. 2021
In meiner Diplomarbeit Floating in state of liminality befasse ich mich mit der Situation eines transzendenten Überganges, dessen Ausgangspunkt die Selbsterfahrung einer traditionellen Reinigungszeremonie in Ecuador war. Während meiner Suche nach Lektüre um meine eigene Erfahrungen besser verstehen zu können, stieß ich inhaltlich auf Parallelen in Texten von Victor Turner, einem Ethnologen und Vertreter der symbolischen Antrophologie.
Die Attribute der Liminalität sind laut Victor Turner oft mehrdeutig. In seinem Buch The Ritual Process: Structure and Antistructure beschreibt er den Begriff Liminalität als eine Art von Schwellen- und Übergangszustand anhand von Ritualbeispielen des Ndembu Stammes in Sambia. Dieser Zustand entzieht sich den Normklassifikationen, die Grenzerfahrung befindet sich weder im hier noch im dort, mehr zwischen den Positionen die durch Gesetz, Sitte oder Konvention eine feste Zuweisung erfahren. Turner schreibt über eine reiche Vielfalt von Symbolen, welche in vielen Gesellschaften soziale und kulturelle Übergänge ritualisieren. Er vergleicht den Zustand mit „dem" Tod, dem Sein im Mutterleib, mit dem Zustand des Unsichtbaren, der Dunkelheit....“ Um den Zustand der Statuslosikeit zu erreichen, muss laut Turner sowohl der Status „Oben“ als auch „Unten“ erfahren werden.
Meine eigene körperliche Erfahrung eines ähnlichen Grenzzustandes erregte in mir den Wunsch dem Begriff Liminalität eine Form zu geben wollen und ich beschreibe meine Arbeit als eine poetische Annäherung dessen.
Um in den Ausstellungsraum zu gelangen, muss sich der/die Betrachter*in erst durch einen leicht transparenten Vorhang einer Landschaft bewegen, wie durch ein Tor, welches zuerst durchquert werden muss.
Nach Betreten des Raumes fallen drei Skulpturen auf, eine noch liegend, sich in einem Vorstadium zu einem Übergang befindend. Sie ist der Bodenfläche mehr zugewandt, als der Decke des Raumes und stellt den Beginn des Prozesses dar, welcher eingeleitet werden muss, um als Betrachter*in den liminalen Raum zu erfahren.
Die Ausstellungsbesucher*innen werden zum Teil der Installation, denn sie müssen sich durch die gespannten Seile bewegen, um die Skulpturen genauer zu erfahren. Die gelben Seile spannen die hängenden Körper nach oben, halten jedoch auch dagegen.
Am Boden fest stehen Porphyrkiessteine, rund wie Dinosauriereier liegen sie wie aus einer alten Zeit, darauf fiktive Zeichen eingearbeitet, eine Form der Kommunikation, der Verbindung. Sie dienen der Ankerung. Die konkav-konvexen Formen der Skulpturen stehen im Kontrast zu den künstlich industriell hergestellten Materialien. Die Innenskulpturen aus Stoff innerhalb der durchsichtigen Außenhülle wirken wie abgekapselte feststeckende Zellkörper. Das transparente PVC wurde genäht, etwas brutal wie in einer Op wird der Körper aus Teilen zusammengesetzt und ergibt dadurch ein Ganzes. Die Skulpturen geben einen Blick auf das Innere frei, verwehren jedoch den Zugang. Die hängenden Skulpturen wirken leicht, wie schwebend im Raum.
Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturabhängigen Heilungsritualen und -mechanismen, welche die Ambivalenz zwischen schulmedizinischem Vorgehen, spirituellen und anderen alternativen Heilmethoden spiegeln, lässt sich sowohl in meinen installativen, als auch medialen Arbeiten erkennen. Einen weiteren Verbindungspunkt für die Entstehung der Arbeit Floating in State of Liminality sehe ich in meiner langjährigen Zusammenarbeit mit Wachkomapatienten, denn meine persönliche Wahrnehmung von Gesellschaft, Umwelt und Kultur überträgt sich stark auf mein künstlerisches Handeln.
FLOATING IN STATE OF LIMINALITY II
ABOUT PARTS
Josefa Schundau, Floating in State of Liminality II - About Parts, Installation, Maße variabel, Sept. 2021
In der gemeinsamen Ausstellung About parts von Heidrun Seiboth (Regensburg) und Josefa Schundau (Nürnberg) fügen sich eingenähte, feingliedrig zerbrochene Teilchen an größere, konkav-konvexe skulpturale Formen. Obwohl die Herangehensweisen nicht unterschiedlicher sein könnten, finden sich sowohl thematisch Parallelen, als auch Ähnlichkeiten in der Auswahl, sowie im Umgang mit transluzenten Materialien.
Beide Künstlerinnen beschäftigen sich mit den Thematiken des Zerteilens und Zusammenfügens, dem Arbeiten im Prozess, sowie der gemeinsamen Suche nach Konnektion und Kommunikation.
Vertraute Elemente, sowie fiktive Symbole finden sich in Fragmenten und fügen sich wieder zu einem Gesamtbild zusammen. Interaktiv können die Betrachter*innen sich Ihren Weg durch die verbindenden Elemente bahnen und werden dadurch selbst Teil der Ausstellung.
Die Arbeiten interagieren miteinander über Grenzen hinweg und stellen somit jenseits ihrer autarken Bedeutungen die Frage der Möglichkeit eines gemeinsamen Seins.
Die Installation Floating in state of liminality II von Josefa Schundau befasst sich mit der Situation eines transzendenten Überganges, dessen Ausgangspunkt die Selbsterfahrung einer traditionellen Reinigungszeremonie in Ecuador war. Der erste Aufbau dieser Installation erfolgte zur Diplomausstellung an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg 2021, die aktuelle Ausstellung baut auf diese vorherige Arbeit auf. Die installativen Arbeiten sind zudem sehr prozesshaft angelegt und werden immer wieder unterschiedlich aufgebaut, zerteilt und wieder neu gedacht. Es entstehen Kontraste durch den Umgang mit den Materialien. Industriell hergestellter Kunststoff wird beispielsweise händisch vernäht.
Die eigene körperliche Erfahrung eines Grenzzustandes erregte den Wunsch, dem Begriff Liminalität eine Form geben zu wollen, eine poetische Annäherung, einen nicht physischen Zustand in etwas Körperliches zu transportieren. Das Prozesshafte und die ständige Weiterentwicklung nehmen einen wichtigen Teil der künstlerischen Arbeit von Josefa Schundau ein.
THE GATE IS OPEN NOW
Josefa Schundau, "The gate is open now"; installation in the river of Hucar in Cuenca (Spain), material: PU-foam, dimensions variable, 2018
Die nächtliche Dokumentation von "The Gate is open now" verstärkt sowohl den Farbkontrast, als auch den Mystizismus. Die Situation kann vom Betrachter nicht direkt eingeordnet werden, die Dinge bleiben im Unklaren.
11.11 11:11
Josefa Schundau, left to right: `11.11 11:12´ und `11.11 11:13´, landart in Cuenca (Spain), dimensions variable, 2018
In einer fiktiven Vorstellung existieren Zeiten in denen die Grenzen zwischen Alltäglichem und einer nicht erfassbaren anderen Realtiät, einer liminalen Zwischenwelt besonders dünn erscheinen. Die beiden Titel der Arbeiten 11.11 11:12 und 11.11 11:13 unterscheiden sich jediglich durch die minimale Veränderung von Zeit. Ich befasse mich mit dem Phänomen des Schwellenzustandes, einer liminalen Übergangssituation, welche für unsere Realität schwer fassbar bleibt. Zudem nehme ich Bezug auf ancestrale Vorstellungen von Welten und Universen, welche zeitgleich nebeneinander existieren können.
10 EMPTY WALLS STANDING IN RED SAND
Josefa Schundau, Installation close to the river Hucar in Cuenca in Spain; material: plaster; dimensions variable; 2018
Der Kontrast zwischen Landschaft und moderner Architektur könnte oft nicht größer sein. Konstruktionen wirken wie plazierte Fremdkörper ohne symbiotische Zusammenkunft im naturalen Gebiet. Die Arbeit `10 empty walls standing in red sand´ passt sich gleichzeitig der Form und Bewegung des Flusses Hucar in Cuenca in Spanien an, dennoch kommt es zu einem Materialkontrast. Die quadratischen Formen stellen einen klaren Gegensatz zu den natürlichen Formen der Umgebung her, dennoch versuchen sie die Form des Flusses zu imitieren und passen sich so in die Landschaft ein. Einerseits bleibt die Installation weiterhin ein Fremdkörper im Umraum, andererseits kommt es zu einer Anpassung. Diese Installation zerfällt zeitlich mit Regen und Feuchtigkeit und löst sich wieder im naturalen Raum auf. Am Ende bleiben Ruinen.
3-D- DRAWING
Josefa Schundau, Installation `3 D- drawing´ in Universidad de Bellas Artes Cuenca (Spain),
material: PU-foam, 320 x 250 x 550cm, 2018
Die Installation `3-D-Drawing´ entstand während meines Auslandsaufenthaltes in Cuenca in Spanien. Die Stadt liegt in Kastilien-La Mancha, den meisten vielleicht bekannt durch das Buch Don Quijote de la Mancha von Miguel de Cervantes. In Cuenca studierte ich an der Universität an der Fakultät für bildende Künste. Im Rahmen dieses Auslandsstudiums arbeitete ich mit der Architektur des Universitätsgebäudes und entwickelte eine Art dreidimensionale abstrakte Zeichnung aus PU-foam, welche ich direkt in der großen Eingangshalle des Gebäudes installierte. Sie ahmt die naturale felsige Umgebung der Provinz Cuenca nach und transportiert somit die Idee des natürlichen Außenraumes in den Innenraum der Universität. Das Material selbst, welches sich in naturalen Formen schlängelt, könnte jedoch selbst nicht künstlicher sein.
Cuenca übersetzt bedeutet `Becken´, denn die Stadt selbst liegt in einer Kuhle zwischen den Felsen und in Nähe der Altstadt erstreckt sich das beeindruckende Naturschutzgebiet Serranía de Cuenca. Die Landschaftsformation ist einzigartig und es ist möglich zwischen Kalksteinfelsen zu wandern, welche jahrhundertelang durch Wind und den Fluss Júcar sowie seinen Nebenflüssen in Reliefs, Schluchten und interessante Felsformationen geteilt wurden. Die Felsen von Cuenca dienten als Inspiration für die Installation `3-D-drawing´.
OBJEKT
Josefa Schundau; `Objekt´; Installation; material: steel, PVC, cottonfill; hemprope; 310 x 260 x 210 cm; 2017
Hängt schwebend über dem Boden, ist konkav, konvex. Eine Aushöhlung bietet Schutz, jedoch verwehrt die Form jeglichen Blick ins Innere. Das Material ist künstlich, die Oberfläche erinnert an geflickte Haut, die Farbe abstoßend grell und wenig natürlich. Über Seile an Ösen befestigt, wird die Form begrenzt, gezogen und gezerrt. Zugleich bietet die Hängung Schutz und Geborgenheit, andererseits schnürt es das `Objekt´ weiter zu. Eine Metapher für das menschliche Bewegen in inneren und äußeren gesellschaftlichen Normen und Grenzen.
SCHEITERN
Josefa Schundau, `Scheitern´, installation in Quelleareal Nürnberg, material: papel, steel, 288 x 120 x 175 cm, 2015
Wie abgestellt dort in der Ecke, das Gerüst aus Stahl und Draht ist fest, nur die äußere Hülle aus zartem weißen Papier, nicht ganz umschließend, gewährt den Einblick ins Innere. Die Form kann sich nicht schützen. Kein Raum zugeteilt, so als ob sie noch nicht ausgereift. Etwas unfertig, gescheitert daran ausgestellt zu werden.
YOU ALWAYS REMEMBER
FALLING DOWN ON YOUR KNEES
Josefa Schundau, `You always remember falling down on your knees´, installation, material: plaster, alginate, wax, dimensions variable, 2018
Kinder erleben unglaublich viel, jedoch kann später nicht jede Erinnerung bewusst wieder abgerufen werden, denn ein Teil dieser landet im Unterbewusstsein. Jedes Kind sammelt unglaublich viele positive, sowie auch negative Erlebnisse.
Viele Erinnerungen aus der Kindheit sind verschwunden, aber oft erinnern sich die Menschen später an prägnante Situationen, nicht nur an die positiven.
Ich erinnere mich, wie oft ich oft stürzte, auf meinen Knieen landete, und mit geschürfter blutender Haut meine Mutter weinend um ein Pflaster bat.
Dieser Gedanke führte mich zu der Arbeit "You always remember falling down on your knees". Ich begann meine Knie und Ellenbogen mit Alginat abzuformen und stellte einen Wachsabguss eines Knies und eines Ellenbogens her. Ich strich Alginat auf meine Haut und zog es in Fetzen wieder ab und positionierte die Alginatlappen und die Formen meiner Knie und Ellenbogen auf dem Boden. Ich dachte an den Kontrast von Haut und Straße, gleichzeitig wirken die Formen wie Protektoren.
In meiner Diplomarbeit Floating in state of liminality befasse ich mich mit der Situation eines transzendenten Überganges, dessen Ausgangspunkt die Selbsterfahrung einer traditionellen Reinigungszeremonie in Ecuador war. Während meiner Suche nach Lektüre um meine eigene Erfahrungen besser verstehen zu können, stieß ich inhaltlich auf Parallelen in Texten von Victor Turner, einem Ethnologen und Vertreter der symbolischen Antrophologie.
Die Attribute der Liminalität sind laut Victor Turner oft mehrdeutig. In seinem Buch The Ritual Process: Structure and Antistructure beschreibt er den Begriff Liminalität als eine Art von Schwellen- und Übergangszustand anhand von Ritualbeispielen des Ndembu Stammes in Sambia. Dieser Zustand entzieht sich den Normklassifikationen, die Grenzerfahrung befindet sich weder im hier noch im dort, mehr zwischen den Positionen die durch Gesetz, Sitte oder Konvention eine feste Zuweisung erfahren. Turner schreibt über eine reiche Vielfalt von Symbolen, welche in vielen Gesellschaften soziale und kulturelle Übergänge ritualisieren. Er vergleicht den Zustand mit „dem" Tod, dem Sein im Mutterleib, mit dem Zustand des Unsichtbaren, der Dunkelheit....“ Um den Zustand der Statuslosikeit zu erreichen, muss laut Turner sowohl der Status „Oben“ als auch „Unten“ erfahren werden.
Meine eigene körperliche Erfahrung eines ähnlichen Grenzzustandes erregte in mir den Wunsch dem Begriff Liminalität eine Form zu geben wollen und ich beschreibe meine Arbeit als eine poetische Annäherung dessen. Um in den Ausstellungsraum zu gelangen, muss sich der/die Betrachter*in erst durch einen leicht transparenten Vorhang einer Landschaft bewegen, wie durch ein Tor, welches zuerst durchquert werden muss. Nach Betreten des Raumes fallen drei Skulpturen auf, eine noch liegend, sich in einem Vorstadium zu einem Übergang befindend. Sie ist der Bodenfläche mehr zugewandt, als der Decke des Raumes und stellt den Beginn des Prozesses dar, welcher eingeleitet werden muss, um als Betrachter*in den liminalen Raum zu erfahren. Die Ausstellungsbesucher*innen werden zum Teil der Installation, denn sie müssen sich durch die gespannten Seile bewegen, um die Skulpturen genauer zu erfahren. Die gelben Seile spannen die hängenden Körper nach oben, halten jedoch auch dagegen.
Die gelben Seile spannen die hängenden Körper nach oben, halten jedoch auch dagegen. Am Boden fest stehen Porphyrkiessteine, rund wie Dinosauriereier liegen sie wie aus einer alten Zeit, darauf fiktive Zeichen eingearbeitet, eine Form der Kommunikation, der Verbindung. Sie dienen der
Ankerung. Die konkav-konvexen Formen der Skulpturen stehen im Kontrast zu den künstlich industriell hergestellten Materialien. Die Innenskulpturen aus Stoff innerhalb der durchsichtigen Außenhülle wirken wie abgekapselte feststeckende Zellkörper. Das transparente PVC wurde genäht, etwas brutal wie in einer Op wird der Körper aus Teilen zusammengesetzt und ergibt dadurch ein Ganzes. Die Skulpturen geben einen Blick auf das Innere frei, verwehren jedoch den Zugang. Die hängenden Skulpturen wirken leicht, wie schwebend im Raum.
Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturabhängigen Heilungsritualen und -mechanismen, welche die Ambivalenz zwischen schulmedizinischem Vorgehen, spirituellen und anderen alternativen Heilmethoden spiegeln, lässt sich sowohl in meinen installativen, als auch medialen Arbeiten erkennen. Einen weiteren Verbindungspunkt für die Entstehung der Arbeit Floating in State of Liminality sehe ich in meiner langjährigen Zusammenarbeit mit Wachkomapatienten, denn meine persönliche Wahrnehmung von Gesellschaft, Umwelt und Kultur überträgt sich stark auf mein künstlerisches Handeln.
FLOATING IN STATE OF LIMINALITY I
Josefa Schundau, Floating in State of Liminality II - About Parts, Installation, Maße variabel, Sept. 2021,
In der gemeinsamen Ausstellung About parts von Heidrun Seiboth (Regensburg) und Josefa Schundau (Nürnberg) fügen sich eingenähte, feingliedrig zerbrochene Teilchen an größere, konkav-konvexe skulpturale Formen. Obwohl die Herangehensweisen nicht unterschiedlicher sein könnten, finden sich sowohl thematisch Parallelen, als auch Ähnlichkeiten in der Auswahl, sowie im Umgang mit transluzenten Materialien. Beide Künstlerinnen beschäftigen sich mit den Thematiken des Zerteilens und Zusammenfügens, dem Arbeiten im Prozess, sowie der gemeinsamen Suche nach Konnektion und Kommunikation. Vertraute Elemente, sowie fiktive Symbole finden sich in Fragmenten und fügen sich wieder zu einem Gesamtbild zusammen. Interaktiv können die Betrachter*innen sich Ihren Weg durch die verbindenden Elemente bahnen und werden dadurch selbst Teil der Ausstellung. Die Arbeiten interagieren miteinander über Grenzen hinweg und stellen somit jenseits ihrer autarken Bedeutungen die Frage der Möglichkeit eines gemeinsamen Seins.
Die Installation Floating in state of liminality II von Josefa Schundau befasst sich mit der Situation eines transzendenten Überganges, dessen Ausgangspunkt die Selbsterfahrung einer traditionellen Reinigungszeremonie in Ecuador war. Der erste Aufbau dieser Installation erfolgte zur Diplomausstellung an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg 2021, die aktuelle Ausstellung baut auf diese vorherige Arbeit auf. Die installativen Arbeiten sind zudem sehr prozesshaft angelegt und werden immer wieder unterschiedlich aufgebaut, zerteilt und wieder neu gedacht. Es entstehen Kontraste durch den Umgang mit den Materialien. Industriell hergestellter Kunststoff wird beispielsweise händisch vernäht. Die eigene körperliche Erfahrung eines Grenzzustandes erregte den Wunsch, dem Begriff Liminalität eine Form geben zu wollen, eine poetische Annäherung, einen nicht physischen Zustand in etwas Körperliches zu transportieren. Das Prozesshafte und die ständige Weiterentwicklung nehmen einen wichtigen Teil der künstlerischen Arbeit von Josefa Schundau ein.
FLOATING IN STATE OF LIMINALITY II- ABOUT PARTS
Josefa Schundau, "The gate is open now"; installation in the river of Hucar in Cuenca (Spain), material: PU-foam, dimensions variable, 2018
Die nächtliche Dokumentation von "The Gate is open now" verstärkt sowohl den Farbkontrast, als auch den Mystizismus. Die Situation kann vom Betrachter nicht direkt eingeordnet werden, die Dinge bleiben im Unklaren.
THE GATE IS OPEN NOW
Josefa Schundau, left to right: `11.11 11:12´ und `11.11 11:13´, landart in Cuenca (Spain), dimensions variable, 2018
In einer fiktiven Vorstellung existieren Zeiten in denen die Grenzen zwischen Alltäglichem und einer nicht erfassbaren anderen Realtiät, einer liminalen Zwischenwelt besonders dünn erscheinen. Die beiden Titel der Arbeiten 11.11 11:12 und 11.11 11:13 unterscheiden sich jediglich durch die minimale Veränderung von Zeit. Ich befasse mich mit dem Phänomen des Schwellenzustandes, einer liminalen Übergangssituation, welche für unsere Realität schwer fassbar bleibt. Zudem nehme ich Bezug auf anchestrale Vorstellungen von Welten und Universen, welche zeitgleich nebeneinander existieren können.
11.11 11:11
Josefa Schundau; Installation close to the river Hucar in Cuenca in Spain; material: plaster; dimensions variable; 2018
Der Kontrast zwischen Landschaft und moderner Architektur könnte oft nicht größer sein. Konstruktionen wirken wie plazierte Fremdkörper ohne symbiotische Zusammenkunft im naturalen Gebiet. Die Arbeit `10 empty walls standing in red sand´ passt sich gleichzeitig der Form und Bewegung des Flusses Hucar in Cuenca in Spanien an, dennoch kommt es zu einem Materialkontrast. Die quadratischen Formen stellen einen klaren Gegensatz zu den natürlichen Formen der Umgebung her, dennoch versuchen sie die Form des Flusses zu imitieren und passen sich so in die Landschaft ein. Einerseits bleibt die Installation weiterhin ein Fremdkörper im Umraum, andererseits kommt es gleichzeitig zu einer Anpassung. Diese Installation zerfällt zeitlich mit Regen und Feuchtigkeit und löst sich wieder im naturalen Raum auf. Am Ende bleiben Ruinen.
10 EMPTY WALLS STANDING IN RED SAND
Josefa Schundau, Installation `3 D- drawing´ in Universidad de Bellas Artes Cuenca (Spain), material: PU-foam, 320 x 250 x 550cm, 2018
Die Installation `3-D-Drawing´ entstand während meines Auslandsaufenthaltes in Cuenca in Spanien. Die Stadt liegt in Kastilien-La Mancha, den meisten vielleicht bekannt durch das Buch Don Quijote de la Mancha von Miguel de Cervantes. In Cuenca studierte ich an der Universität an der Fakultät für bildende Künste. Im Rahmen dieses Auslandsstudiums arbeitete ich mit der Architektur des Universitätsgebäudes und entwickelte eine Art dreidimensionale abstrakte Zeichnung aus PU-foam, welche ich direkt in der großen Eingangshalle des Gebäudes installierte. Sie ahmt die naturale felsige Umgebung der Provinz Cuenca nach und transportiert somit die Idee des natürlichen Außenraumes in den Innenraum der Universität. Das Material selbst, welches sich in naturalen Formen schlängelt, könnte jedoch selbst nicht künstlicher sein.Cuenca übersetzt bedeutet `Becken´, denn die Stadt selbst liegt in einer Kuhle zwischen den Felsen und in Nähe der Altstadt erstreckt sich das beeindruckende Naturschutzgebiet Serranía de Cuenca. Die Landschaftsformation ist einzigartig und es ist möglich zwischen Kalksteinfelsen zu wandern, welche jahrhundertelang durch Wind und den Fluss Júcar sowie seinen Nebenflüssen in Reliefs, Schluchten und interessante Felsformationen geteilt wurden. Die Felsen von Cuenca dienten als Inspiration für die Installation `3-D-drawing´.
3-D- DRAWING
Josefa Schundau; `Objekt´; Installation; material: steel, PVC, cottonfill; hemprope; 310 x 260 x 210 cm; 2017
Hängt schwebend über dem Boden, ist konkav, konvex. Eine Aushöhlung bietet Schutz, jedoch verwehrt die Form jeglichen Blick ins Innere. Das Material ist künstlich, die Oberfläche erinnert an gelickte Haut, die Farbe abstoßend grell und wenig natürlich. Über Seile an Ösen befestigt, wird die Form begrenzt, gezogen und gezerrt. Zugleich bietet die Hängung Schutz und Geborgenheit, andererseits schnürt es das `Objekt´ weiter zu. Eine Metapher für das menschliche Bewegen in inneren und äußeren gesellschaftlichen Normen und Grenzen.
OBJECT
Josefa Schundau; `Scheitern´; installation in Quelleareal Nürnberg; material: papel, steel; 288 x 120 x 175 cm; 2015
Wie abgestellt dort in der Ecke, das Gerüst aus Stahl und Draht ist fest, nur die äußere Hülle aus zartem weißen Papier, nicht ganz umschließend, gewährt den Einblick ins Innere. Die Form kann sich nicht schützen. Kein Raum zugeteilt, so als ob sie noch nicht ausgereift. Etwas unfertig, gescheitert daran ausgestellt zu werden.
SCHEITERN
Josefa Schundau; `You always remember falling down on your knees´; installation; material: plaster; alginate; wax; dimensions variable; 2018
Kinder erleben unglaublich viel, jedoch kann später nicht jede Erinnerung bewusst wieder abgerufen werden, denn ein Teil dieser landet im Unterbewusstsein. Jedes Kind sammelt unglaublich viele positive, sowie auch negative Erlebnisse.Viele Erinnerungen aus der Kindheit sind verschwunden, aber oft erinnern sich die Menschen später an prägnante Situationen, nicht nur an die positiven. Ich erinnere mich, wie oft ich oft stürzte, auf meinen Knieen landete, und mit geschürfter blutender Haut meine Mutter weinend um ein Pflaster bat.
Dieser Gedanke führte mich zu der Arbeit "You always remember falling down on your knees". Knie und Ellenbogen mit Alginat abzuformen und stellte einen Wachsabguss eines Knies und eines Ellenbogens her. Ich strich Alginat auf meine Haut und zog es in Fetzen wieder ab und positionierte die Alginatlappen und die Formen meiner Knie und Ellenbogen auf dem Boden. Ich dachte an den Kontrast von Haut und Straße, gleichzeitig wirken die Formen wie Protektoren.
YOU ALWAYS REMEMBER FALLING DOWN ON YOUR KNEES